Verkehrsrecht

Kein Anscheinsbeweis bei Auffahrunfall nach Spurwechsel und hohem Tempo

Bei einem typischen Auffahrunfall spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der auffahrende Fahrer Unfallverursacher ist und den Auffahrunfall infolge zu hoher Geschwindigkeit, Unaufmerksamkeit oder eines fehlenden Sicherheitsabstands verursacht hat.

Jedoch gilt der Anscheinsbeweis bei Auffahrunfällen auf der Autohbahn nicht, wenn feststeht, dass im unmittelbaren räumlichen und sachlichen Zusammenhang ein Spurwechsel des Vorausfahrenden stattgefunden hat und der Sachverhalt im Übrigen nicht aufklärbar ist.

Die den Unfallbeteiligten anzurechnende Betriebsgefahr eines Fahrzeugs ist regelmäßig erhöht, wenn die Gefahren, die regelmäßig und notwendigerweise mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs verbunden sind, erhöht sind, weil besondere Umstände hinzutreten und die Unfallgefahr erhöhen.(In dem entschiedenen Fall war der auffahrende Unfallbeteiligte mit einer Geschwindigkeit von mindestens 200 kmh auf der Autobahn unterwegs.)

Fährt ein Autofahrer mit einer Geschwindigkeit von über 200 kmh auf der Autobahn und schert plötzlich ein anderes Fahrzeug unerwartet aus, so dass es zu einer Berührung kommt, so liegt für den Auffahrenden kein unabwendbares Ereignis vor. Dieses ist nur zu bejahen, wenn ein Kraftfahrzeugführer jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet. Maßstab ist ein Idealfahrer, der in der Lage ist, Gefahrensituationen von vornherein zu vermeiden. Das Gericht entschied dabei, dass einem Fahrer, der mit 200 kmh auf der Autobahn fährt, wegen der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit zwar kein Schuldvorwurf gemacht werden kann, dass es sich dabei jedoch nicht um einen Idealfahrer handelt.
 
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil OLG Oldenburg 3 U 69 11 vom 21.03.2012
Normen: StVG § 17; StVO §§ 5 II, Iva, 7 V
[bns]
 
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